Von Pastoren, Hühnern und der 13-Tage-Woche: Regina Mengel im Qinterview

Qinterview 3Sie kümmert sich um die Qindiebewerber, und wann immer wir jemanden brauchen, der uns als „Pressestelle“ und Ansprechpartner hilft, schieben wir sie sachte nach vorn. Und den Newsletter macht sie gemeinsam mit Melanie auch noch, und … und …
Wahrscheinlich ist es ihr gar nicht immer recht, denn neben dem ehrenamtlichen Vollzeitjob für Qindie möchte sie ja auch selbst noch schreiben. Ihre Woche bräuchte also dreizehn Tage.
Apropos ..: So viel Agilität blieb auch dem großen bösen Internetversandhandelsunternehmen nicht verborgen und ab dem ersten Mai wird die Gesamtausgabe ihrer Jugendfantasybücher „Am dreizehnten Tag“ zum kindle-Deal der Woche. Die 13-Tage-Woche.

Bei all den vielen Aufgaben hat Regina Mengel auch noch Zeit gefunden, unsere Fragen zu beantworten:

1.    Wer bist du und was machst du in puncto Self-Publishing?

Ich bin ein Huhn, ein Pastor, ein Dschinn, das Schicksal und das Übel, eine Zeitreisende und ein Stoffhase. Manchmal bin ich auch einfach nur eine optisch erwachsene Person, die sich Mühe gibt, nicht überall aufzufallen mit ihrer durchgeknallten Art, aber das klappt nicht so richtig.
Ich schreibe über ein Huhn und einen Pastor (romantische Komödien, in denen auch mal Leichen vorkommen können), über Dschinns, Hurns und Reisen in eine frühere Inkarnation (Fantasyromane) oder über den kleinen Hasen Krümelnase (Kinderbücher für 5-8jährige)

2.    Was hat dich dazu bewogen, deine Bücher selbst zu veröffentlichen?

Meine ersten Erfahrungen habe ich bei einem winzigen E-Book-Verlag gemacht. Nachdem diese nicht ganz so positiv ausgefallen sind, habe ich beschlossen, es einfach mal selbst zu versuchen. Parallel habe ich immer mal wieder Bücher bei Agenturen oder Verlagen angeboten. Inzwischen kann ich mir die Wände mit Absagen tapezieren, die mir bescheinigen, dass ich toll schreiben kann, aber aus unterschiedlichen Gründen, der Verlag/die Agentur das Buch doch nicht annehmen möchte. Das kann sein, weil der Genremix nicht gefällt, weil gerade Fantasy nicht so gut läuft oder – wie kürzlich noch gehört – Humor gerade nicht so geht. Es spielt schon lange keine Rolle mehr, ob ein Buch gut oder schlecht ist. Es muss auch in die von den Verlagen angenommene Marketinglandschaft passen.

3.    Wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Self-Publishing?

Zu Anfang habe ich mich über die Absagen geärgert, inzwischen habe ich mich mit Self-Publishing arrangiert. Im Gegenteil, ich halte es für eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Ich fühle mich damit so wohl, dass ich auch schon Verlagsangebote für reine E-Book-Veröffentlichungen abgelehnt habe. E-Book kann ich allein, ich bin viel flexibler und verdiene deutlich mehr. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass man ein Unternehmer ist, der alles selbst steuern muss, nicht unbedingt selbst machen. Es gibt Dienstleister für fast alles, aber man muss ständig dran bleiben, Geld in die Hand nehmen und muss alles dafür tun, den eigenen Namen und den der Bücher bekannt zu machen.

4.    Was findest du beim Self-Publishing problematisch?

Mit selbst publizierten Büchern Geld zu verdienen, ist harte Arbeit. Natürlich gibt es immer wieder die berühmten Fälle, in denen jemand aus unerklärlichen Gründen mit seinem Buch von 0 auf 1 schießt, aber das sind die Ausnahmen. Wer was werden will, muss das schon generalstabsmäßig angehen, und man darf auch nie nachlassen in seinen Aktivitäten. Zumindest habe ich diesen Eindruck. Ich merke es immer in den Verkaufszahlen, wenn ich mal weniger Marketing mache und mich aufs Schreiben konzentriere. Auf der anderen Seite darf man auch nicht spammen bis zum Umfallen, das will auch keiner lesen. Es ist ein schmaler Grat interessant zu sein für die Leser und nicht nervig. Hin und wieder kotzt es mich gewaltig an, dass ich nicht so viel Zeit zum Schreiben habe, wie ich gern hätte. Aber alles im Leben hat zwei Seiten. Wäre ich Verlagsautor, hätte ich viel weniger Einfluss auf meine Bücher, das würde mir auch nicht gefallen. Das einzig wirklich Blöde ist, dass unsere Taschenbücher nicht in den stationären Buchhandel gelangen, zumindest nicht regulär.

5.    Was erscheint dir nützlich, um das Problem zu beheben?

Ich gewinne im Lotto und leiste mir fortan mehrere Assistenten, die den ganzen Marketing- und PR-Kram für mich machen. Da aber diese Option zwar ausgesprochen nützlich, aber äußerst unwahrscheinlich ist – ich spiele nicht mal Lotto – muss ich wohl auf Pferdewetten ausweichen. Im Ernst so richtig viele Möglichkeiten, das zu ändern, sehe ich eigentlich nicht. Für die Bewältigung der Herausforderung in den stationären Buchhandel zu gelangen, sähe ich allerdings durchaus Möglichkeiten. Dafür müsste sich jedoch zunächst mal der Buchhandel und die Barsortimenter auf SP einlassen und erkennen, dass wir keine Hobbyschreiber sondern ernstzunehmende Autoren sind. Auch ein Eigenverlag ist ein Verlag. Mir gibt Hoffnung, dass sich spürbar nach und nach für Qindie die Türen öffnen. Was lange währt, wird irgendwann gut. Daran glaube ich ganz fest.

6.    Wieso tust du dir die Härten des Selbstverlegens freiwillig an? (Leserfrage)

Gute Frage, stellen Sie die nächste. Na ja, wenn ich ehrlich bin, macht es auch eine Menge Spaß und das macht den hin und wieder aufsteigenden Frust mehr als wett.

7.    Wer sind deine ersten Testleser? Und warum dürfen gerade diese Leser deine Worte zuerst genießen?

Meine ersten Testleser sind zwei befreundete Autorinnen, die mit mir auf einer Wellenlänge schwingen, die aber schreibtechnisch etwas anders ticken. Das ist wunderbar, weil sie auf diese Weise einerseits nah genug dran sind, um sich in meine Bücher und das, was ich erzählen will, einzufinden, aber andererseits auch weit genug entfernt sind, um echte Impulse für Optimierungen zu geben. Eine dicke Umarmung an Maria M. Lacroix und Asta Müller. Außerdem kann ich in diese Umarmung auch Florian Tietgen einschließen, meinen Lektor, den ich nicht missen möchte. Bereits im Vorfeld der Bücher kann ich ihn immer um seine Meinung fragen, wie zum Beispiel heute morgen, als ich ihm die Figuren- und Hintergrundbeschreibungen zu meinem neuen Romanprojekt geschickt habe, mit der Bitte zu schauen, ob ich da nicht zu arg in Rollenklischees abgerutscht bin. So eine Zusammenarbeit ist einfach Gold wert.

8.    Hat dich schon einmal ein Treffen mit einem Fan zu einer Idee inspiriert? (Leserfrage)

Treffen mit Fans sind immer eine Inspiration und eine spannende Sache, zumal ich so häufig nicht auf Fans treffe. Auf der Messe hat es mich echt umgehauen, als fremde Menschen zu mir kamen und mir erzählten, dass sie meine Bücher gelesen und dass sie ihnen gefallen haben. Ja klar, irgendjemand muss die Bücher ja auch lesen, die gekauft werden. Dennoch sind Fans in meinem Kopf eher irreal. Gespräche mit Lesern haben mich noch nicht konkret zu einer Geschichte gebracht, aber der Pastor ist zum Beispiel daraus entstanden, dass die Leserinnen, die Figur der Saskia aus „Hochzeit mit Huhn“ so gern mochten. Da lag es einfach nahe, ihr eine eigene Geschichte zu geben. Und ich denke über eine Fortsetzung des Buches „Am dreizehnten Tag“ nach.

9.    Kommt es vor, dass Figuren etwas anderes tun oder sagen, als du geplant hast? (Leserfrage)

Grundsätzlich tun meine Figuren, was ich möchte, aber sie haben gewisse Freiheiten. Insbesondere in der Entstehungsphase einer Geschichte wachsen und verändern sich die Figuren von Stunde zu Stunde. Dann erzählt mir eine Figur auch schon mal, was sie gern erleben möchte, und das fließt dann in den Roman ein. Während des Schreibens sind meine Jungs und Mädels meist recht diszipliniert, allerdings gibt es Ausnahmen. Manchmal stellen sie sich einfach quer und sind dabei so stockstur, dass mich am Ende nur übrig bleibt, die Geschichte anzupassen. Unverschämtes Pack. Die sollen nur aufpassen, dass ich sie nicht einfach mal über die Klinge springen lasse. *böses Lachen*

10.    Wie hat sich dein Alltag durch das Schreiben verändert?

Ich habe alles einmal auf Links gedreht. Zumindest gefühlt. In der Realität sitze ich dennoch tagtäglich am Schreibtisch, wie zuvor auch als ich noch in der Vertriebsabteilung eines Unternehmens gearbeitet habe. Allerdings mache ich nun die meiste Zeit etwas, was mir Spaß macht. Gut, es stürzt mich auch immer wieder in tiefe Krisen voller Selbstzweifeln („Das Buch ist unglaublich schlecht und langweilig und flach.“) Oder in Phasen der Desorientierung („Was hast du gesagt? Sorry, ich bin gerade mit dem Kopf mitten in einer Geschichte.“). Aber ich lebe meinen Traum, wenn mir zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, setze ich mich in ein Café und schreibe. Wenn das Wetter schön ist, ziehe ich samt Notebook, gekühlten Getränken, Sonnenbrille und einem guten Buch in den Strandkorb im Garten um und lasse mich vom Vogelgesang inspirieren oder schmökere auch einfach mal eine Stunde in einem Buch – so ganz ohne Arbeit. Ich sag euch, meine Ex-Chefin kann mich mal so was von …

11.    Was machst du, wenn du nicht schreibst?

Lesen, Reisen, Schlafen, Freunde treffen, Gartenarbeit, Fahrrad fahren, Zeit mit meinem Mann verbringen. Und dann gibt es ja noch den Alltag: Hausarbeit, Eltern, die langsam älter werden und gelegentlich Unterstützung benötigen und lauter solche Sachen. Aber ich kann mit Bestimmtheit sagen: Ich habe ein sehr schönes Leben.

12.    Wie bist du zum Schreiben gekommen? Durch wen oder was?

Kennt ihr das? Das Leben kann noch so Scheiße sein, am Ende war alles für irgendwas gut? Genau so war das mit dem Schreiben. Ich wollte es immer schon. Ich habe so viele Bücher angefangen und wieder abgebrochen. Immer dann, wenn es gerade im Job kaum auszuhalten war. Aber dann normalisierte sich die Sache wieder und die angefangenen Manuskripte verschwanden in irgendwelchen Schubladen. Und dann kam diese besagte Chefin und mit ihr eine Belastung, die ich bis dahin noch nie verspürt hatte. Stichwort Mobbing. Aber man kann sich wehren und sich helfen lassen. Kurz brach mal die Welt über mir zusammen, aber mit Hilfe einer wunderbaren Therapeutin habe ich dann nach anderen Wegen gesucht. Und siehe da, heute geht es mir prima und ich lebe meinen Traum. Ich habe immer schon daran geglaubt, dass aus allem etwas Gutes erwächst. Für mich hat es sich bewahrheitet. Klappt aber nur, wenn man daran glaubt und daran arbeitet – glaube ich zumindest ;-). Unterkriegen lassen, gilt nicht.

13.    Was liebst du am Schreiben? Was magst du nicht so sehr?

Was ich liebe? Die Freiheit, das Eintauchen in die Fantasie, das ‚Spinnen-Dürfen‘.
Was ich nicht mag? Die Unsicherheit, das Auftauchen aus der Fantasie, das ‚Spinnen-Müssen‘.

14.    Wie geht deine bessere Hälfte/Familie mit deinem „Schreibwahn“ um?

Sehr entspannt. Dadurch, dass ich hauptberuflich schreibe, richte ich meine Arbeitstage nach den Bürozeiten meines Mannes aus. Nur gelegentlich, wenn ich z.B. gerade in einem show-down stecke, läuft das anders, dann kann ich nicht einfach aufhören. Ansonsten halte ich die Abende und die Wochenenden vom Schreiben frei. Allerdings muss er auch immer lesen, was ich geschrieben habe. Er ist mein größter Fan und Kritiker zugleich. Klar, nervt es ihn manchmal, aber das ist auf Gegenseitigkeit. Schließlich höre ich mir auch an, was bei ihm im Büro gerade mal wieder Unvorstellbares vor sich geht und lasse ihn sich seinen Frust von der Seele reden. Ich denke, das gehört einfach zu einer guten Beziehung.

15.    Was liest du gern? Welches Genre? Gibt es einen speziellen Autor? (Leserfrage)

Ich lese bevorzugt Fantasy, hin und wieder mal Historisches, Freche-Frauen-Bücher, aber nur, wenn sie intelligent und halbwegs klischeefrei geschrieben sind. Krimi ist nicht ganz so meins, obwohl ich figurenbasierte Krimis ab und zu gern lese. Und dann natürlich immer wieder gern einen literarisch wertvollen, aber unterhaltenden Roman, der sich nicht in irgendein Genre einsortieren lässt. Ja, das gibt’s, wer Lesetipps möchte, darf sich gern an mich wenden. Einen speziellen Lieblingsautor habe ich nicht, aber einige prägende aus der Kindheit wie Astrid Lindgren oder Michael Ende gibt es natürlich schon. Autoren von denen ich gern lese, sind z.B. Florian Tietgen, Oliver Fehn, Jodie Picoult, Christopher Moore, Kai Meyer, Christoph Marzi … usw, usw, viel zu viele, um sie alle aufzuzählen.

16.    Wenn du als Autor ein Buch liest, machst du es hundertprozentig als Privatperson oder liest der Autor in dir? (Leserfrage)

Oh, das war eine schwere Geburt. In den ersten Jahren, in denen ich selbst geschrieben habe, ging gar nichts ohne den inneren Lektor. Das ging so weit, dass ich keine Lust mehr am Lesen hatte. Inzwischen – fragt mich bitte nicht wie ich das gemacht habe, ich habe keine Ahnung – funktioniert es wieder ganz gut. Allerdings muss das Buch gut geschrieben sein, dann tauche ich ein und lese rein zum Genuss. Wenn das Buch aber schreibhandwerkliche Defizite aufweist, dann funktioniert das nicht. Was mich zum Beispiel total rausreißt, ist, wenn ein Autor Begriffe falsch anwendet, Bezüge nicht stimmen oder Körperteile einen eigenen Willen entfalten. Dann fällt es mir sehr schwer mit Genuss zu lesen, selbst, wenn die Geschichte als solches gelungen ist. Deswegen breche ich in letzter Zeit viel mehr Bücher ab als früher. Es gibt zu viele gute Bücher, um die Zeit für schlechte zu verschwenden. Ich gebe jedem Buch 20-30 %, dann entscheide ich, ob hopp oder top.

17.    Welches Buch hättest du gerne selber geschrieben?

Harry Potter? Dann wäre ich jetzt reich und würde irgendwo in Italien in einem hübschen Landhaus in der Toskana leben. Im Ernst: Es gibt so viele wunderbare Autoren, die mich inspirieren, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich eines ihrer Bücher, selbst gern hätte schreiben wollen.

18.    Welche Kritik hat dich am meisten gefreut oder geärgert?

Am meisten gefreut, hat mich die Kritik von Inflagranti-Books zu „Am dreizehnten Tag“. Ansonsten ist es wirklich schwierig zu sagen. Ich übe mich darin, gelassen mit Kritik umzugehen. Jede Kritik, die begründet wird, ist willkommen. Zum Glück werde ich nicht allzu oft von Lesern verhauen, daher kann ich damit ganz gut umgehen. Was mich allerdings wirklich immer wieder ärgert, ist, wenn sich Leser den kostenlosen ersten Teil von „Am dreizehnten Tag“ herunterladen, ein Buch, dessen Klappentext eindeutig auf Fantasy und Magie und fremde Welten hinweist. Wenn sie dann nach dem Lesen eine 1* Rezension vergeben mit dem Hinweis, das Buch sei unrealistisch oder ihnen zu märchenhaft oder zu fantastisch, muss ich mich zurückhalten, nicht zu kommentieren. Kommt leider immer mal wieder vor. Zum Glück sind die ‚echten‘ Leser in der Lage solche Rezensionen zu werten. Deshalb versuche ich, mich nicht allzu sehr darüber aufzuregen.

19.    Was wird dein nächstes Projekt?

Endlich mal wieder Fantasy. Ich arbeite gerade die Figuren und den Plot aus. Der Sturm vor einigen Wochen hat mir eine wunderbare Idee auf den Schreibtisch geweht und gleichzeitig auch den Namen der männlichen Hauptfigur. Allerdings kristallisiert sich gerade heraus, dass ich soviel Stoff habe, dass es für mindestens 3 Bücher reicht. Puh … ohne Worte.

20.    Wo findet man dich im Internet?

Auf meiner Homepage
Auf meiner Autorenseite bei Qinde
Bei Facebook auf meiner privaten Chronik
Bei Facebook auf meiner Autorenseite
Bei Xing
Und natürlich kann man mich auch per Mail erreichen

 

Liebe Regina, wir danken dir für die Fragen und wir wünschen allen einen tollen Mai mit vielen spannenden Büchern. 🙂

About Florian Tietgen

... trat 1959 als jüngerer Zwilling seinen Bruder auf die Welt, bevor der Arzt entsetzt rief: "Huch da kommt ja noch einer." Seitdem verstecke ich mich erfolgreich in unterschiedlichen Berufen und habe seit 2003 verschiedene Geschichten und Bücher veröffentlicht. Vorwiegend schreibe ich für Jugendliche und Gesellschaftsromane.